Dissertation Lisa Striegel

Analytik und Bioverfügbarkeit von Folaten in folatreichen Lebensmitteln

ISBN:  978-3-945762-06-6 

292 Seiten, 74 Abbildungen, 73 Tabellen, Format DIN A4

Kurz-Zusammenfassung:
Die der Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine zugehörigen Folate übernehmen wichtige Aufgaben im menschlichen Stoffwechsel. Mittels LC-MS/MS basierend auf Stabilisotopenverdünnungsanalyse (SIVA) wurde der Gesamtfolatgehalt verschiedener folatreicher Lebensmittel bestimmt. Die Untersuchung von Erdbeeren und Plasmafolat aus einer Humanstudie zeigte, dass Erdbeeren eine gute natürlich Folatquelle sind. Daneben beinhaltet diese Arbeit die Entwicklung und Validierung einer Methode zur Bestimmung des 5-Methyltetrahydrofolat-Polyglutamatprofils zur besseren Charakterisierung der Folate aus Hefe.

Publikationen aus der Dissertation:

Striegel L, Chebib S, Netzel M E, Rychlik M (2018) Improved stable isotope dilution assay for dietary folates using LC-MS/MS and its application to strawberries, Frontiers in Chemistry, 6:11; doi: 10.3389/fchem.2018.00011 (open access)

Striegel L, Chebib S, Dumler C, Lu Y; Huang D, Rychlik M (2018) Durian Fruits Discovered as Superior Folate Sources, Frontiers in Nutrition, 5:114; doi:10.3389/ fnut.2018.00114 (open access)

Striegel L, Brandl B, Kopp M, Sam L, Skurk T, Rychlik M (2019) Quantitation of 5-methyltetraydrofolic acid in plasma for determination of folate status and clinical studies by stable isotope dilution assays, PLoSONE 14(2):e0212255 . https://doi.org/10.1371/journal.pone.0212255 (open access)

JacobFF, Striegel L, RychlikM, HutzlerM, Methner F-J (2019) Spent Yeast from Brewing Processes: a Biodiverse Starting Material for Yeast Extract Production, fermentation, 5:51, doi:10.3390/fermentation5020051

JacobFF, Striegel L, RychlikM, HutzlerM, Methner F-J (2019) Yeast extract production using spent yeast from top-fermenting beer manufacture: Influence of industrially applicable disruption methods on selected substance groups with physiological and process technology relevance, Eur. Food Res. Technol., 245:1169-1182, https://doi.org/10.1007/s00217-019-03237-9

Herbig AL, Delchier N, Striegel L, Rychlik M, Renard CMGC (2019) Stability of 5-methyltetrahydrofolate in fortified apple and carrot purées, LWT-Food Science and Technology, 107: 158-163

Coffigniez F, Rychlik M, Mestres C, Striegel L, Bohuon P, Briffaz A (2021) Modelling folates reaction kinetics during cowpea seed germination in comparison with soaking, Food Chemistry, 340:127960 -127960, https://doi.org/10.1016/j.foodchem.2020.127960

Coffigniez F, Rychlik M, Sanier C, Mestres C, Striegel L, Bohuon P, Briffaz A (2019) Localization and modeling of reaction and diffusion to explain folate behavior, Journal of Food Enginieering. 2019; 253: 49-58;

Ausführliche Zusammenfassung:

Die Vitamine der Folsäuregruppe, kurz Folate, gehören zu den wasserlöslichen B-Vitaminen. Sie erfüllen als Methylgruppen-Überträger wichtige Aufgaben im menschlichen Stoffwechsel und müssen, da sie vom menschlichen Organismus nicht selbst gebildet werden können, über die Nahrung aufgenommen werden. Umso wichtiger ist es, Folate im Lebensmittel zu bestimmen und gute Ernährungsempfehlungen zu geben. Eine sichere Analytik ist immer noch herausfordernd, die selektivste Methode ist dabei eine LC-MS/MS Methode, wobei sich die Stabilisotopenverdünnungsanalyse (SIVA) als Methode der Wahl bewährt hat. In dieser Arbeit wurden die optimierten Methoden zur Bestimmung des Gesamtfolatgehaltes und der Hauptvitamere 5‑CH3‑H4Folat, 5‑CHO‑H4Folat, H4Folat, 10-CHO-PteGlu und PteGlu einer umfangreichen Validierung unterzogen. Anschließend wurde die Methode auf verschiedene Lebensmittel angewendet. Bei der Untersuchung einer Variation deutscher und australischer Erdbeersorten haben sich Erdbeeren mit 78,1 µg/100 g bis 174 µg/100 g als gute natürliche Folatquelle herausgestellt. Es konnten Unterschiede zwischen Erdbeersorten gefunden werden, deutsche und australische Sorten konnten dabei nicht unterschieden werden. Des Weiteren zeigten sich auch Unterschiede im Folatgehalt derselben Sorte nach mehrmaliger Ernte während eines Erntejahres und mehrere Erntejahre. Der Folatgehalt in weißen Erdbeeren lag ebenfalls im durchschnittlichen Bereich aller untersuchten Erbeerproben. Während der Ascorbinsäuregehalt und der Anthocyangehalt im Laufe der Reife stiegen, konnten beim Folatgehalt während des Reifeprozesses noch keine signifikanten Korrelationen festgestellt werden. Die Tatsache, dass der Folatgehalt in homogenisierten Erdbeeren während einer Lagerung über 4 Tage bei 7 °C um 84 % abnahm, erfordert zukünftige Untersuchungen ganzer Erdbeeren im Verlauf eines Lagerprozesses. Neben Erdbeeren wurden Mikroalgen untersucht. Dabei bestätigten sich sowohl kommerziell erworbene Mikroalgen, wie Chlorella oder Spirulina, aber auch isolierte Algenstämmeals herausragende Folatquelle (zwischen 539 µg/100 g und 6470 µg/100 g). Dabei wurde kein Zusammenhang zwischen der phylogenetischen Herkunft, dem Fettsäure-Profil und dem Folatgehalt gefunden. Dennoch bietet die Tatsache, dass der Folatgehalt während der exponentiellen Wachstumsphase wesentlich höher ist als während der späteren Carotinoid produzierenden Wachstumsphase eine spannende zukünftige Fragestellung. Bei der Betrachtung einer großen Anzahl tropischer Früchte zeigten vor allem die Königsmaracuja (271 µg/100 g), Passionsfrucht (136 µg/100 g), Okra (101 µg/100 g und 109 µg/100 g), Petai Bohne (100 µg/100 g) und Jack-Frucht (52,9 µg/100 g und 83,6 µg/100 g) das Potential für  gute natürliche Folatquellen. Auch Mangos (zwischen 55,8 µg/100 g und 74,5 µg/100 g) und Papayas (61,6 µg/100 g und 90,7 µg/100 g) können als moderate Folatquelle bezeichnet werden. Mit außergewöhnlich hohen Folatgehalten zeichnete sich die Durian aus (zwischen 175 µg/100 g und 440 µg/100 g). Daneben wurden auch verschiedene Hefestämme und Hefeextrakte begutachtet, wobei hier Folatgehalte von 482 µg/100 g bis 5300 µg/100 g analysiert wurden. Bei der Bestimmung der Folatgehalte in verschiedenen Biersorten stellte sich jedoch mit durchschnittlich 8,39 µg/100 g nur ein geringer Folatgehalt heraus. Auch Hirse dient mit durchschnittlich 35,6 µg/100 g nur als moderate Folatquelle. Aufgrund der Komplexität der Methode und der Analyten wird die Methode auch zukünftig Entwicklungspotential bieten. Neben den Methoden zur gezielten quantitativen Bestimmung von Folaten, den sogenannten Targeted Metabolomics, gewinnt die Bestimmung von metabolischen Biomarkern und Stoffwechselprodukten des Folatstoffwechsels und des Folat-Biosyntheseweges, den sogenannten Non-Targeted Metabolomics, zunehmend an Bedeutung.

Die Bioverfügbarkeit von Folaten aus Lebensmitteln wird durch viele Faktoren beeinflusst. Folate liegen in Lebensmitteln in verschiedenen Vitamerenformen sowie mit unterschiedlichen Längen an Glutamatresten vor. Zudem können Folate in die Lebensmittelmatrix eingebunden und nicht für den menschlichen Organismus zur Verfügung stehen. Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, die Bioverfügbarkeit von einzelnen Lebensmitteln zu erfassen. In dieser Arbeit wurde eine Methode zur Bestimmung des Folatmetaboliten 5‑CH3‑H4Folat in Plasma validiert und die Anwendbarkeit der Methode anhand einer Humanstudie überprüft. Die Methode zeigte eine niedrige NWG und BG von 1,51 nmol/L und 4,51 nmol/L. Die guten Präzisionen (Gerätepräzision: 3,70 %, Intra-day: 3,35 %, Inter-day: 3,66 %) ermöglichen eine präzise Kinetik und Aufnahme einer postresorptiven Blutspiegelkurve. Als weiteres Potenzial der Methode kann die Anwendbarkeit von Fingerblut erwähnt werden. Dies ermöglicht die Bestimmung des Folatstatus mit nur 30 µL Blutplasma ohne Anwesenheit von medizinischem Personal. Die Bestimmung des Folatstatus durch Punktion des Fingers kann zukünftig die Durchführung von Erhebungen vor allem in Ländern mit schwieriger Infrastruktur vereinfachen. Im Rahmen der Humanstudie mit zwei Probanden wurde die Bioverfügbarkeit von Erdbeeren bestimmt. Es konnte gezeigt werden, dass Erdbeeren nicht nur eine gute natürliche Folatquelle darstellen, sondern auch hoch bioverfügbar für den menschlichen Organismus sind. Bei den zwei Probanden wurden relative Bioverfügbarkeiten von 96,2 % und 73,3 % berechnet. Die Verwendung von 5‑CH3‑H4Folat als Referenzdosis, als auch die Tatsache, dass vor Beginn und während der Testtage kein Fasten vorgeschrieben war, konnten als Fortschritte im Vergleich mit bisherigen Humanstudien verzeichnet werden.

Mit der Methode zur Bestimmung des Gesamtfolatgehaltes und der Vitamerenverteilung werden die im Lebensmittel als Pteroylpolyglutamate vorliegenden Folate mittels Dekonjugasen zu den entsprechenden Pteroylmonoglutamaten hydrolysiert. Der Gesamtfolatgehalt wird bei dieser Methode als Pteroylmonoglutamatgehalt berechnet. Um die Folate in der Form zu bestimmen, wie sie im Lebensmittel vorliegen, bestand die Anforderung in einem weiteren Teil dieser Arbeit darin, eine Methode zu entwickeln, welche es ermöglicht, die 5‑CH3‑H4Folat-Polyglutamate zu quantifizieren. Als Testlebensmittel wurde die folatreiche Hefe gewählt. Hierfür war es zuerst notwendig, die 5‑CH3‑H4Folat-Polyglutamate aus den entsprechenden PteGlu-Polyglutamaten zu synthetisieren. Die PteGlu-Polyglutamate wurden nach der Eschweiler-Clarke-Methylierung methyliert. Es konnten hohe Umsetzungsraten von 76,7 ‑ 89,3 % erhalten werden. Für die Quantifizierung wurde das [13C5]‑5-CH3‑H4Folat-Monoglutamat als interner Standard eingesetzt, es wurden matrixkorrelierte Kalibriergeraden erstellt. Die Extraktion wurde basierend auf der Methode zur Bestimmung des Gesamtfolatgehaltes entwickelt, wobei ein passender Extraktionspuffer gewählt, die Extraktionsmethode abgeändert sowie die Festphasenaufreinigung angepasst wurde. Eine Herausforderung stellte die Entwicklung der LC-MS/MS Methode dar. Trotz der geringeren Empfindlichkeit der Polyglutamate mit längeren Glutamatresten, konnte eine Methode entwickelt werden, welche eine ausreichende Detektion aller 5‑CH3‑H4Folate1-8 ermöglicht. Nach umfangreicher Validierung wurde der 5‑CH3‑H4Folatgehalt einer Hefeprobe aus der neu entwickelten Methode mit der Gesamtfolatgehaltmethode verglichen, wobei keine signifiknaten Unterschiede festgestellt werden konnten. Bei der Testhefe wurde das 5-CH3‑H4Folat7 als Hauptpolyglutamat quantifiziert, 5‑CH3‑H4Folat6 war ebenfalls in höheren Mengen enthalten und die 5‑CH3‑H4Folate1-5 waren in vernachlässigbaren Mengen enthalten. Um die entwickelte Methode auch für andere Lebensmittelgruppen anwenden zu können, muss die Matrixkalibrierung überprüft werden. Mit ein paar Modifikationen kann sehr einfach auch aus anderen Lebensmittelmatrices durch Behandlung mit Dekonjugasen und Aktivkohle eine polyglutamatfreie Matrix für die Kalibrierung hergestellt werden. Die Bestimmung der Pteroylpolyglutamate ermöglicht eine bessere Charakterisierung und Unterscheidung von Lebensmittelgruppen. Die entwickelte Methode eröffnet die weiterführende Diskussion, ob anhand des Pteroylpolyglutamat-Profils die Bioverfügbarkeit von Lebensmitteln oder Lebensmittelgruppen abgeschätzt werden kann. Die Bioverfügbarkeit von Folaten wird vorwiegend mit der Methode der AUC (area under the curve) erfasst, wobei entweder eine PteGlu- oder 5‑CH3‑H4Folat-Dosis als Referenz dient. Da Folate permanent im menschlichen Organismus gegenwärtig sind, kann mit unmarkierten Folaten nur die relative Bioverfügbarkeit bezogen auf die Referenz berechnet werden. Die Erfassung der absoluten Bioverfügbarkeit stellt ein Problem dar. In dem letzten Teil der Arbeit wurde die Erfassung der absoluten Bioverfügbarkeit nach Verzehr von Hefe, welche ausschließlich [15N]-markierte Folate biosynthetisiert, diskutiert. Dabei wurde nach Wahl eines geeigneten Hefestammes ein definiertes Hefemedium gewählt, welches ausschließlich eine Stickstoffquelle enthält, aber dennoch die Biosynthese einer ausreichenden Menge von Folaten ermöglicht. Das alleinige Vorhandensein [15N]-markierter Folate wurde mittels LC-MS/MS bestätigt. Für die Quantifizierung der [15N]-markierten 5‑CH3‑H4Folat-Polyglutamate kann in zukünftigen Studien ein Dual-markiertes Isotopenmodell herangezogen werden. Die Unterscheidung der [15N]-markierten 5‑CH3‑H4Folate kann mit der in dieser Arbeit entwickelten Methode durchgeführt werden, da sich diese vom [13C5]-markierten internen Standard sowie den unmarkierten 5‑CH3‑H4Folaten anhand des MS/MS‑Spektrums unterscheiden. Eine Bioverfügbakeitsstudie mit intrinsisch [15N]-markierten Folaten aus Hefe ermöglicht die Erfassung der absoluten Bioverfügbarkeit von Folaten, wie sie natürlich in Lebensmitteln vorliegen.