Dissertation Katharina Habler

Synthese von Deoxynivalenol-3-β-D-[13C6]-Glucosid und Multimykotoxinanalytik von Fusarium Toxinen in Gerste, Malz und Bier

ISBN:  978-3-945762-03-5  

254 Seiten, 45 Abbildungen, 88 Tabellen, Format DIN A5

Kurz-Zusammenfassung:
Fusarium Toxine sind hochgiftige Stoffwechselprodukte pflanzenpathogener Pilze, die Getreide kontaminieren und somit bis ins fertige Bier gelangen können. Um die aktuelle Belastungssituation von Braumalz und Bier sowie den Verlauf der Mykotoxine über den Mälzungs- und Brauprozess erfassen zu können, wurden LC-MS/MS-Multi-Mykotoxin-Methoden basierend auf einer Stabilisotopenverdünngsanalyse (SIVA) für Getreide und Bier entwickelt. Zudem konnte mit dem neu synthetisierten isotopenmarkierten Standard Deoxynivalenol-3-β-D-[13C6]-Glucosid eine SIVA für Bierproben etabliert werden.

Publikationen aus der Dissertation:

Habler K, Moghari S, Rychlik M (2018) Analysis of Fusarium Toxins in Single Barley Malt Kernels, Journal of Analysis and Testing, https://doi.org/10.1007/s41664-018-0057-5 (open access)

Geißinger C, Hofer K, Habler K, Heß M, Hückelhoven R, Rychlik M, Becker T, Gastl M (2017) Fusarium Species on Barley Malt: Is Visual Assessment an Appropriate Tool for Detection? Cereal Chemistry, 94: 659-669, DOI: http://dx.doi.org/10.1094/CCHEM-08-16-0212-R

Habler K, Gotthardt M, Schüler J, Rychlik M (2017) Multi-mycotoxin Stable Isotope Dilution LC-MS/MS Method for Fusarium Toxins in Beers, Food Chemistry, 218: 447-454, DOI: 10.1016/j.foodchem.2016.09.100 (green open access)

Habler K, Geißinger C, Hofer K, Schüler J, Moghari S, Hess M, Gastl M, Rychlik M (2017) Fate of Fusarium Toxins during Brewing, J. Agric. Food Chem., 65: 190-198 DOI: 10.1021/acs.jafc.6b04182  (green open access)

Habler K, Frank O, Rychlik M (2016) Chemical Synthesis of Deoxynivalenol-3-β-d-[13C6]-Glucoside and Application in Stable Isotope Dilution Assays, Molecules, 21: 838 (open access)

Hofer K, Barmeier G, Schmidhalter U, Habler K, Rychlik M, Huckelhoven R, Hess M (2016) Effect of nitrogen fertilization on Fusarium head blight in spring barley, Crop Protection 88: 18-27, doi: 10.1016/j.cropro.2016.05.007 

Habler K, Hofer K, Geißinger C, Schüler J, Hückelhofen R, Hess M, Gastl M, Rychlik M (2016) Fate of Fusarium Toxins during the Malting Process J. Agric. Food Chem., 64: 1377-1384, doi: 10.1021/acs.jafc.5b05998 (green open access)

Habler K, Rychlik M (2016) Multi-mycotoxin Stable Isotope Dilution LC-MS/MS Method for Fusarium Toxins in Cereals, Analytical and Bioanalytical Chemistry, 408: 307-317, doi: 10.1007/s00216-015-9110-7  (green open access)

Zusammenfassung (ausführlich):

In der vorliegenden Arbeit wurden in Summe drei LC-MS/MS-Methoden entwickelt. Zwei Multimykotoxin-Methoden basierten auf Stabilisotopenverdünnungsanalysen (SIVAs) kombiniert mit einer Matrixkalibrierung zur simultanen Bestimmung von 14 Fusarium Toxinen in Getreide und Bier. In die LC-MS/MS-Methode für Getreide wurden die Fusarium Toxine NIV, DON, 3-AcDON, 15-AcDON, FUSX, HT2, T2, ZEN, ENN B, B1, A1, A und BEA sowie das modifizierte Mykotoxin D3G integriert. Die LC-MS/MS-Methode für Bier beinhaltete die Mykotoxine D3G, DON, 3-AcDON, 15-AcDON, HT2, T2, ZEN und ENN B. Um Ionensuppressionseffekten entgegenzuwirken, fanden zur Aufreinigung von Getreide- und Bierproben Kartuschen des Typs „Bond Elut Mycotoxin“ (Agilent Technologies) Anwendung. Die Messungen erfolgten im ESI-Modus bei negativer Ionsierung für die Analyte NIV, D3G und ZEN und bei positiver Ionisierung für die Analyte DON, 3-AcDON, 15-AcDON, FUSX, HT2, T2, ENN B, ENN B1, ENN A1, ENN A und BEA. Der negative Probenlauf dauerte inklusive Equilibrierungszeit 27 Minuten und die positive Messung belief sich ebenfalls inklusive Equilibrierungszeit auf 35 Minuten. Aus vorangegangenen Arbeiten standen die isotopenmarkierten Standards [13C2]-3-AcDON, [13C4]-T2, [15N3]-ENN B, [15N3]-ENN B1, [15N3]-ENN A1, [15N3]-ENN A und [15N3]-BEA zur Verfügung. Zusammen mit den kommerziell erhältlichen isotopenmarkierten Analoga [13C15]-DON und [13C22]-HT2 wurden die Fusarium Toxine DON, 3-AcDON, HT2, T2, Enniatine und BEA mittels SIVA quantifiziert. Der Gehalt an 15-AcDON wurde bei beiden Methoden über den internen Standard [13C2]-3-AcDON bestimmt und der Gehalt an D3G in Bier wurde bis zur Synthese des isotopologen Standards [13C6]-D3G über [13C15]-DON ermittelt. Die Toxine NIV, D3G, ZEN und FUSX wurden bei der Getreidemethode über eine Matrixkalibrierung quantifiziert, wobei als Matrix Stärke oder analytfreie analoge Probenmatrices verwendet wurden. In Bier wurde ZEN ebenfalls über eine Matrixkalibrierung bestimmt. Als Matrix diente hierbei analytfreies, kommerziell erhältliches Bier. D3G und DON wiesen im positiven Modus dasselbe Fragementierungsmuster auf, da es zu einer sogenannten „in-source-Fragmentierung“ und Abspaltung der Glucose von D3G kommt. Um nicht die Summe aus D3G und DON, sondern beide Analyte getrennt voneinander quantifizieren zu können, war eine chromatographische Trennung notwendig. Dies konnte mit der verwendeten HPLC-Säule (YMC Hydrosphere) und einem bestimmten Gradientenprogramm erzielt werden.

Beide LC-MS/MS-Methoden wurden einer sorgfältigen Validierung unterzogen und Parameter hinsichtlich Nachweis- und Bestimmungsgrenzen, Wiederfindungen sowie Geräte- und Wiederholpräzisionen ermittelt.

Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der Multimykotoxin-LC-MS/MS-Methode von Fusarium Toxinen in Getreideproben lagen zwischen 0,1 µg/kg und 5 µg/kg bzw. zwischen 0,2 µg/kg und 15 µg/kg. Eine Ausnahme bildeten die Analyten D3G und NIV, die jeweils um einen Faktor 2 bzw. einen Faktor 13 unempfindlicher waren. Wie von einer SIVA zu erwarten, lagen die Wiederfindungen der entsprechenden Analyten bei allen Dotierniveaus nahe bei 100%. Bei den Analyten, die über eine Matrixkalibrierung quantifiziert wurden, ergaben sich Wiederfindungsraten zwischen 79% und 117%. Die Gerätepräzisionen waren ähnlich den Wiederholpräzisionen, unabhängig von SIVA und Matrixkalibrierung, und lagen jeweils unterhalb 6% bzw. 12%. Die Richtigkeit der Methode wurde mit zertifizierten Referenzmaterialien anhand von DON in Mais und HT2 sowie T2 in Haferproben bestätigt. Die Abweichung von gefundenem Wert zu Referenzwert betrug maximal 6,7%. Die Bestimmungsgrenzen von DON und ZEN waren mindestens einen Faktor 80 unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte in unverarbeitetem Getreide in Höhe von 1250 µg/kg für DON und 100 µg/kg für ZEN.

Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der Multimykotoxin-LC-MS/MS-Methode von Fusarium Toxinen in Bierproben lagen zwischen 0,05 µg/L und 6,9 µg/L bzw. zwischen 0,15 µg/L und 20 µg/L. Die Wiederfindungsraten aller Dotierniveaus befanden sich bei 100%. Bei ZEN, das über eine Matrixkalibrierung quantifiziert wurde, befanden sich die Wiederfindungen ebenfalls im Mittel bei 100%. Eine Ausnahme bildete 15-AcDON, dessen Wiederfindungen durchschnittlich bei 75% lagen. Die Gerätepräzisionen waren ähnlich den Wiederholpräzisionen, unabhängig von SIVA und Matrixkalibrierung, und lagen jeweils unterhalb 5% bzw. 8%.

Mit den Multimykotoxin-LC-MS/MS-Methoden wurden zahlreiche Gerstenmalzproben, diverse Biere aus aller Welt sowie der Verlauf von Fusarium Toxinen über den kompletten Mälzungs- und Brauprozess untersucht.

Insgesamt 30 Gerstenmalzproben aus sämtlichen deutschen Bundesländern wurden über einen Zeitraum von drei Jahren gesammelt und auf ihr Mykotoxinspektrum hin untersucht. Insbesondere im Jahr 2012 konnte ein häufiges Vorkommen von D3G, DON und ENN B in hohen Konzentrationen festgestellt werden. Die maximalen Gehalte dieser Toxine waren teilweise mit künstlich infiziertem Probenmaterial vergleichbar. Die Kontamination mit Typ A Trichothecenen, NIV, den acetylierten DON Derivaten 3-AcDON und 15-AcDON sowie BEA und den weiteren Enniatinen war weitaus unauffälliger. FUSX konnte in keiner der analysierten Proben nachgewiesen werden. Unter Einbeziehung der gesetzlichen Grenzwerte für unverarbeitetes Getreide hätten zwei der untersuchten Gerstenmalzproben aufgrund der Überschreitung des zulässigen Gehaltes an DON und ZEN nicht in Verkehr gebracht werden dürfen.

In Summe wurden 61 verschiedene, kommerziell erworbene biologische und konventionelle Biere mit unterschiedlichen Alkoholgehalten aus Deutschland und der ganzen Welt auf ihr Toxinspektrum hin untersucht. Die Bierproben waren teilweise in geringen Konzentrationen mit D3G, DON, 3-AcDON und ENN B kontaminiert. Die anderen in der Methode enthaltenen Mykotoxine, wie 15-AcDON, HT2, T2 und ZEN, konnten in keinem Bier oberhalb der Nachweisegrenze detektiert werden. In deutschen Bieren lag der höchste Gehalt bei 28,8 µg/L DON, 10,6 µg/L D3G und 1,6 µg/L 3-AcDON. Ein Pale Ale aus den USA überstieg dieses Kontaminationsniveau und enthielt 34,5 µg/L DON und 67,3 µg/L D3G. In allen untersuchten Bieren traten DON und D3G mit einer durschnittlichen Häufigkeit von 20% meistens zusammen in unterschiedlichen molaren Verhältnissen auf. Ein Zusammenhang zwischen Alkoholgehalt und Mykotoxinkonzentration konnte in den analysierten Bierproben nicht festgestellt werden. In Anbetracht der analysierten Biere scheint auch bei höherem Konsum ein unbedenkliches Gesundheitsrisiko für den Verbraucher von den untersuchten Mykotoxinen auszugehen.

Zur Untersuchung des Verhaltens von Fusarium Toxinen über den Mälzungs- und Brauprozess hinweg wurden zwei verschiedene Gerstensorten Grace und Scarlett jeweils mit drei unterschiedlichen Fusarium Spezies (F. culmorum, F. sporotrichioides und F. avenaceum) inokuliert, wobei auch nicht inokulierte Kontrollen gezogen worden sind. Die Probenahme erfolgte jeweils bei folgenden Prozessschritten: Rohfrucht, nach der Weiche, nach der Keimung, nach der Schwelke, nach der Darre, nach der Putze, Keimlinge, Maische, Pfannevollwürze, Treber, Anstellwürze, Heißtrub, Jungbier und fertiges Bier nach Filtration. In den während des Mälzungsprozesses gezogenen Proben wurde von den Kooperationspartnern via qPCR zusätzlich die Fusarium DNA Konzentration bestimmt. Es zeigten sich unabhängig von Gerstensorte signifikante Korrelationen zwischen Fusarium DNA und jeweiliger Toxinkonzentration. Unabhängig von den Kultivaren zeigten die untersuchten Fusarium Toxine jeweils einen ähnlichen Verlauf während des Mälzungs- und Brauprozesses. Generell kam es in der Weichphase zu einer Reduktion der absoluten Mengen aller Mykotoxine. Während der folgenden Keimungs-, Schwelk- und teilweise auch Darrphase stiegen einhergehend mit der Fusarium DNA/Biomasse auch die Mykotoxingehalte an. Insbesondere das modifizierte Mykotoxin D3G erfuhr eine Zunahme um mehrere tausend Prozent während der Keimung. Mit den Keimlingen konnte zwar ein Teil der Mykotoxine aus dem verbleibenden Prozess entfernt werden, der Großteil der Fusarium Toxine gelangte aber mit dem fertigen Darrmalz bzw. Schrot in den Brauprozess. Die Gehalte der Typ A Trichothecene stiegen beim Maischen etwa auf das Doppelte an, wobei sich die Typ B Trichothecene und Enniatine hingegen kaum veränderten. Der folgende Läuterungsprozess kristllisierte sich vor allem für D3G als wesentlich heraus, da in Pfannevollwürze lediglich 25% D3G bezogen auf den Anfangsgehalt in Schrot gefunden werden konnten. Durch weitere Brauversuche mit autoklaviertem und nicht autoklaviertem Malz konnte letztendlich nachgewiesen werden, dass dieser Verlust an D3G auf malzenzymatische Modifizierungen zurückgeführt werden kann. Für die Enniatine stellte sich ebenfalls das Abläutern als wichtigster Schritt im Brauprozess heraus. Über die Treber konnten insbesondere die Enniatine fast komplett aus der Würze entfernt werden, so dass im fertigen Bier nur noch Spuren (maximal 0,5%) an Enniatinen nachgewiesen werden konnten. Alle untersuchten Fusarium Toxine wurden während des Brauprozesses durch Fermentierung, Reifung, Lagerung und Filtration nicht beeinflusst. Bezogen auf den Anfangsgehalt des eingesetzten Malzes verblieben im fertigen Bier letztendlich jeweils 40% an DON, 3-AcDON und 15-AcDON sowie jeweils 100% an HT2 und T2. Durch das inkonsistente Verhalten von D3G während des Brauprozesses ist von einem künftigen, rechnerisch ermittelten Höchstgehalt an D3G in Bier, der wie bei DON anhand der Malzschüttung bestimmt wird, abzuraten. Für eine mögliche gesetzliche Reglementierung von D3G würden sich separate Grenzwerte jeweils für Getreide und Bier anbieten. Zusätzlich konnte im Zuge dieser Arbeit der isotopenmarkierte Standard Deoxynivalenol-3-β-D-[13C6]-Glucosid synthetisiert werden. Dazu wurde die sogenannte Königs-Knorr-Methode angewendet, bei der unmarkiertes DON zusammen mit 2,3,4,6-Tetraacetyl-1-bromo-α-D-[13C6]-Glucopyranosid und dem Katalysator Ag2CO3 in DCM zur Reaktion gebracht wurde. Nach Hydrolyse des acetylierten Produkts mit KOH in ACN/H2O und präparativer Aufreinigung erfolgte die Strukturaufklärung des Deoxynivalenol-3-β-D-[13C6]-Glucosids mittels LC-MS/MS und ein- bzw. zweidimensionaler NMR-Spektroskopie. Mit dem neu synthetisierten isotopenmarkiertem Standard [13C6]-D3G und dem kommerziell erhältlichen internen Standard [13C15]-DON wurde eine LC-MS/MS-Methode basierend auf einer SIVA für D3G und DON in Bier entwickelt, validiert und etabliert. Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der SIVA von D3G und DON in Bierproben lagen bei 3,0 µg/L und 1,5 µg/L bzw. bei 8,8 µg/L und 4,4 µg/L. Trotz geringerer Einwaage waren die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der SIVA von D3G und DON im Gegensatz zur Multimykotoxinanalytik von Bierproben um einen Faktor 2 geringer. Wie von einer SIVA zu erwarten, lagen die Wiederfindungen bei allen Dotierniveaus nahe bei 100%. Die Geräte- und Wiederholpräzisionen waren bei maximal 0,5% bzw. 7%. Letztendlich wurden mit der SIVA verschiedene Biere aus diversen Ländern untersucht. D3G und DON konnten meistens zusammen in unterschiedlichen molaren Verhätlnissen nachgewiesen werden, traten aber in den analysierten Bieren eher in geringen Konzentrationen mit maximal 63,3 µg/L D3G und 28,3 µg/L DON auf.